Was ist Wildtiermanagement?

Den Begriff "Management" verbindet man gewöhnlich nur mit Wirtschaftsunternehmen, haben doch die Wirtschaftswissenschaften ausgefeilte Managementkonzepte entwickelt, wie Unternehmen oder Organisationen erfolgreich zu führen sind.

Im klassischen Managementablauf wird zuerst der Ist-Zustand beschrieben und dann der Soll-Zustand als Ziel formuliert.
Die Schritte zur Erreichung des Soll-Zustands werden erarbeitet und in Form von unterschiedlichen Maßnahmen umgesetzt.
In regelmäßigen Abständen erfolgt eine Bewertung der geleisteten Arbeit, bei Bedarf werden Arbeitsschritte und auch Zielvorstellungen veränderten Begebenheiten angepasst.

Kurz gesagt: Managen bedeutet, sich ein Ziel setzen und den Weg dahin planen und umsetzen.

     
Das Wissen der Wirtschaftswissenschaften hat man sich auch beim „Wildtiermanagement“ zunutze gemacht. In der Definition von Wildtiermanagement von Giles (1978) kommt dies folgendermaßen zum Ausdruck:

The science and art of making decisions and taking actions
to manipulate the structure, dynamics, and relations of populations,
habitats, and people to achieve specific human
objectives by means of the wildlife resource.


Frei übersetzt heißt das: Auf Wildtiere, deren Lebensräume
sowie die Menschen so einwirken, dass spezifische wildtierbezogene
Ziele erreicht werden.

Auf den ersten Blick mag das verblüffen: warum soll man auf
Menschen einwirken, wo es doch nur um den Umgang mit
Wildtieren geht?

Der Mensch ist jedoch mit seinen Nutzungsinteressen ein
wesentlicher Einflussfaktor für Wildtiere und deren Lebensräume.
Land-, Forst-, Wasserwirtschaft, Jagd, Fischerei, Verkehr und Freizeitnutzung stellen vielfältige Ansprüche.

Diese zu berücksichtigen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass Wildtiere und deren Lebensräume nicht übernutzt oder gefährdete Tierarten nicht noch weiter beeinträchtigt werden, ist Aufgabe von Wildtiermanagement.

Damit wird klar, dass Wildtiermanagement als weit mehr verstanden werden kann als nur die Bewirtschaftung von jagdbaren Wildtieren.

Wildtiermanagement bringt in den Arten- und Naturschutz den Faktor Mensch mit hinein, weist explizit darauf hin, dass der gesellschaftliche Kontext, in dem Naturschutz stattfindet, nicht vernachlässigt werden darf. Probleme mit Wildtieren sind nämlich oft nicht biologisch-ökologischer Natur, sondern liegen in den unterschiedlichen
Wertvorstellungen der Menschen begründet; sie sind sozioökonomischer oder politischer Natur.

Wildtiermanagement integriert daher in die Planung, Entscheidungsfindung und Umsetzung von Managementmaßnahmen auch die Anforderungen, Wünsche und Bedürfnisse der Menschen.

Beispielsweise stellen Jagd, Forstwirtschaft und Erholung ganz unterschiedliche Ansprüche an Wald und Wild. Hier gibt es widerstreitende Interessen, mit denen umgegangen und für die eine Lösung gefunden werden muss. Dabei werden die betroffenen Interessensgruppen in den Managementprozess einbezogen und beteiligt. Je kooperativer und partnerschaftlicher das Beteiligungsverfahren ist, desto eher steht die Problemlösung im Vordergrund und nicht die Durchsetzung der eigenen Position.

Die Balance zu finden zwischen der Berücksichtigung der verschiedenen Nutzungsinteressen der Menschen und den Lebensansprüchen von Wildtieren ist und bleibt eine Herausforderung des Wildtiermanagements im Arten- und Naturschutz.

(siehe auch Luchs-Nachrichten Nr. 10 vom Juli 2011, Seite 4)